Neu Ulm: Geändertes Schwangerschaftskonfliktgesetz ernst genommen

Freitag, 12. Februar 2010

Schwere Entscheidung: Leben oder Leben loslassen

© Augsburger Allgemeine


Fünfter Monat, Diagnose Down-Syndrom. Für werdende Eltern bricht in so einem Fall eine Welt zusammen - und umgehend stellt sich die Frage: Mit einem behinderten Kind leben? Oder die Schwangerschaft zu so einem späten Zeitpunkt abbrechen? Wobei Letzteres mit einer herkömmlichen Abtreibung nichts mehr zu tun habe, sagt Marion
Steinemann von der Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen Donum Vitae in Neu-Ulm. „Die Frau bekommt wehenfördernde Mittel, es gibt eine Geburt - und anschließend müssen die Eltern Abschied nehmen und trauern.“



Eine Entscheidung also, die - wie auch immer sie ausfällt - Mütter und Väter emotional sehr belastet. Das geänderte Schwangerschaftskonfliktgesetz, das zum 1. Januar in Kraft getreten ist, will dem Rechnung tragen: Ärzte müssen eine Patientin, die einen Schwangerschaftsabbruch erwägt, nicht nur eingehend über die medizinischen und psychosozialen Aspekte aufklären. Sie müssen die werdende Mutter zudem darauf hinweisen, dass sie eine vertiefte psychosoziale Beratung in einer hierfür qualifizierten Beratungsstelle in Anspruch nehmen kann. In Neu-Ulm und Ulm gibt es neben Donum Vitae noch vier weitere Stellen, die hierfür in Frage kommen - und ihre neue Aufgabe sehr ernst nehmen.


„Bisher wussten viele Frauen nicht, dass es uns gibt“, bedauert Margarita Straub von der Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen in Ulm. Das werde sich durch den neuen Passus im Gesetz hoffentlich ändern. „Außerdem soll die Verzahnung zwischen ärztlicher und psychosozialer Beratung besser werden“, so Straub.

Denn häufig gehe es bei einem „Schwangerschaftskonflikt“ nicht nur um medizinische Fragen: „Wir sprechen mit den Paaren auch über ethische Fragen oder die Beziehung an sich“, sagt Marion Steinemann. Problematisch sei die Situation etwa, wenn der Mann sich keinesfalls ein Leben mit einem behinderten Kind vorstellen kann, die Frau hingegen keinen Abbruch möchte. Oder wenn der werdende Vater mit möglichst vielen pränataldiagnostischen Untersuchungen auf Nummer sicher gehen will, die Frau aber Angst hat, infolge einer Fruchtwasseruntersuchung eine Fehlgeburt zu erleiden. „Das kann eine ganz schöne Krise auslösen.“


Die Mitarbeiterinnen der Beratungsstellen stehen in solchen Krisen mit Rat und Tat zur Seite - und das weit über die Schwangerschaft oder den Abbruch hinaus: „Oft geht das bis zum dritten Lebensjahr des Kindes - oder bis die Frau wieder schwanger ist“, sagt Steinemann. Noch könne der Beratungsbedarf in der Doppelstadt gedeckt werden. „Aber natürlich ist es spannend, wie viele jetzt durch das neue Gesetz kommen werden.“

Vorbereitet sei man auf das Thema jedenfalls.

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen