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5 Jahre Behindertengesetz - Was hat es gebracht?
Das am 1. Januar 2004 in Kraft getretene Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG) untersagt Benachteiligungen in folgenden Bereichen:
Bau
Öffentlicher Verkehr
Dienstleistungen (staatlich und privat)
Aus- und Weiterbildung
Zugleich stellt es gewisse weiche Anforderungen an die Kantone im Rahmen des obligatorischen Schulunterrichts sowie an den Bund betreffend Erwerbsleben.
Aus behindertengleichstellungsrechtlicher Sicht zeigen sich folgende Probleme und Herausforderungen:
Erwerbsleben praktisch nicht von BehiG erfasst
Das BehiG sieht mit Ausnahme von weichen Regelungen bei Anstellungsverhältnissen mit dem Bund keine ausdrücklichen griffigen rechtlichen Vorkehrungen zur Bekämpfung von Benachteiligungen im Erwerbsleben vor. Dies ist problematisch, denn: Menschen mit Behinderung sind im besonderen Masse beim Zugang, während des Arbeitsverhältnisses und im Rahmen von Kündigungen von Diskriminierung und Benachteiligung betroffen.
Schutz vor Diskriminierung bei privaten Dienstleistungen zu schwach
Art. 6 BehiG sieht vor, dass privaten Dienstleistungsanbietern einzig krasse Formen der Diskriminierung (segregierendes Verhalten) untersagt sind. Dies ist problematisch, da Menschen mit Behinderung in der Regel auf angemessenen Ausgleichshandlungen angewiesen sind (wie z.B. Untertitelung in Kinos, Menükarten in Braille-Schrift, barrierefreie Internetseiten, unkomplizierte Dienstleistungserbringung etc.). Auf der geltenden Gesetzesgrundlage können die privaten Dienstleistungsanbieter jedoch nicht zu Fördermassnahmen und angemessenen Vorkehrungen verpflichtet werden.
Lange Übergangsfristen beim öffentlichen Verkehr
Die Anpassungsfristen für die Beseitigung von Benachteiligungen bei den Kommunikationssystemen und Billettausgaben (Ende 2013) sowie die Bauten und Anlagen sowie Fahrzeuge für den öffentlichen Verkehr (Ende 3023) sind zu lange. Dadurch wird eine vernünftige und rasche Gleichstellung von Menschen mit Behinderung im öffentlichen Verkehr auf unangenehme Weise verlängert.
Integrative Schule als Ausnahmefall
Zwar werden die Kantone in Art. 20 BehiG aufgefordert dafür zu sorgen, dass behinderte Kinder und Jugendliche eine Grundschulung erhalten, die ihren besonderen Bedürfnissen angepasst sind sowie mit entsprechenden Schulungsformen die Integration behinderter Kinder und Jugendlicher in die Regelschule zu fördern. Hingegen zeigt sich, dass die Kantone ihre Aufgaben sehr unterschiedlich wahrnehmen. Integration ist bei Weitem noch kein erreichtes Ziel.
Fehlende Sensibilität der Behörden bei der Umsetzung
Auch in den in der Regel gesetzgeberisch gut regulierten Themenfelder fehlt es bei den zuständigen Umsetzungsbehörden vielfach an der notwendigen Sensibilität. Beispiele: Leider kommt es immer noch vor, dass Gehörlosen bei Kontakten mit den Behörden die Finanzierung eines Gebärdendolmetschers verweigert wird. Auch gibt es noch eine relativ grosse Anzahl von Baubewilligungsbehörden, welche die rechtlichen Vorgaben zu wenig genau beachten.
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Montag, 30. November 2009
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